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Supply Chain Management

Supply Chain Management (kurz: SCM) ist in der letzten Zeit, besonders mit Zunahme der Möglichkeiten des E-Commerce und der Vernetzung der Abteilungen und Firmen mit Kunden und Lieferanten, zu einem Schlagwort in der Logistik geworden. Was sich jedoch hinter diesem neudeutschen Begriff verbirgt, wissen nur wenige. Besonders merkwürdig daran ist, dass von denen, die damit arbeiten, auch hier die wenigsten damit etwas anfangen können.

Die Übersetzung ins Deutsche hilft hier auch nicht unbedingt weiter: Lenkung der Versorgungskette (Supply: Versorgung, Chain: Kette) ist nicht unbedingt etwas, was man in der Wirtschaft und speziell in Unternehmen ansiedeln würde, eher in der Militärlogistik.

Denkt man jedoch etwas weiter, so wird der Zusammenhang mit Handel und Gewerbe deutlich: Ein Bedürfnis, welches aus einem Mangel entsteht, wird man versuchen, durch Abstellung dieses Mangels zu befriedigen - anders gesagt, man versorgt sich mit dem benötigten Material. Primäre Bedürfnisse werden durch Versorgungsgüter gestillt (Kleidung, Nahrung, Wohnraum), sekundäre durch Produkte aus Investitions-, Produktions-, Halb- und Fertiggütern. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: jeder versorgt sich mit Gütern, die er gerade braucht, um sie entweder zu verbrauchen oder zu veredeln (Produktion).

Wenn wir jetzt primär ein Wirtschaftsunternehmen betrachten, so ist die Information, wann benötigte Güter zu beschaffen sind, wann sie eintreffen und wann die verkauften (zu verkaufenden) Produkte bereit stehen, von immenser Wichtigkeit. Daher entsteht von je her der Wunsch, eine genaue Information zu diesen Themen immer parat zu haben, um ggfs. eingreifen und handeln zu können.

Die Informationsbeschaffung ist im Ansatz überall schon vorhanden und genau so alt, wie der Handel selbst. Und genau um diese Informationskette, die parallel zum Warenfluss läuft, geht es hier.

Die Versorgungskette eines Unternehmens beginnt mit dem Bedarf aus der Produktion, der Beschaffung und Einkauf von externen Lieferanten und endet mit der Bereitstellung durch das Lager nach Warenannahme und Einlagerung.

In jeder Phase hat die beteiligte Abteilung Informationen über den Stand der Dinge. Das Lager, welches im Normalfall die Anforderung aus der Produktion erhält, gibt diese Bedarfsmeldung an den Einkauf weiter, welcher den Beschaffungsprozess durch Auftragsvergabe an den Lieferanten zunächst abschließt. Damit ist die Ware aber noch nicht im Haus. Im üblichen Fall erfolgt eine Auftragsbestätigung durch den Lieferanten. Bei Auslieferung kann u.U. eine Anmeldung beim Empfänger erfolgen, spätestens mit Übergabe an den Transporteur aber wird durch die Rechnungsstellung die Auslieferung bekannt gegeben. Im günstigsten Fall erhält das Lager diese Informationen (avisierte Menge und Lieferzeitpunkt) und kann durch die Materialdisposition weiterplanen. Spätestens mit Eingang der Rechung muss eine Eingangskontrolle angestoßen werden (Für Waren, die nicht da sind, zahlt niemand!). Meistens hat dieser Eingang jedoch in der Zwischenzeit stattgefunden, und der Einkauf - oder die Rechnungsprüfungsstelle - erhält einen Einlagerungsbeleg (Quittierter Eingangslieferschein, Eintrag in die Lagerbuchhaltung). Die Produktionsabteilung selbst wird entweder durch Nachfragen oder aber automatisch durch die disponierte Warenbereitstellung über die Ankunft der benötigten Güter informiert - in gut organisierten Unternehmen spielt auch die Qualitätssicherung (als Abteilung) hier eine maßgebliche Rolle: aus ihren Ergebnissen und Untersuchungen lassen sich später strategische Beschaffungsmaßnahmen ableiten, wie Auswahl der Lieferanten und Auswahl des geeigneten Produktes. Der Verkauf ist entweder der Produktion vorangestellt (Produktion von Investitionsgütern, Maschinen, Software, Einzelanfertigungen) und stößt mit Vertragsabschluss die Planung, Entwicklung, Beschaffung und Produktion an, oder (falls über ein MWS an die Materialwirtschaft angeschlossen) es werden Fertiggüter und disponible Bestände vertrieben.

Diese beiden Möglichkeiten (die man auch auf Dienstleistungen erweitern kann) sind allerdings grundsätzlich voneinander verschieden. Die Unterscheidung ist in der Materialwirtschaft zu finden: es werden vorhandene Güter (vom Lager oder aus der laufenden Produktion) vertrieben oder es werden noch zu fertigende Güter (also bislang nicht existierende Waren oder Dienstleistungen) angeboten.

Schauen wir uns zunächst die "Versorgungskette" für aus laufender Produktion oder vom Lager vertriebene Waren (Dienstleistungen) an:

  1. Kundenanfrage
  2. Angebot
  3. (Kauf)auftrag
  4. Auftragseingabe (Auftragsannahme)
  5. Entnahme (oder Beschaffung für reine Handelsverkäufe, Termingeschäfte, Beschaffungsunternehmungen)
  6. Versand (Abgabe)
  7. Rechnungsstellung (Kasse)
  8. Buchhaltung

Bei Direktverkauf (z.B. Einzelhandel, Fachgeschäften) entfällt Schritt 1 bis 3, bei Selbstbedienungsläden und Kaufhäusern ist der Endkunde selbst auch für die Entnahme zuständig.

Hier ist eine Supply Chain nur zwischen Lieferant und (Zwischen-)Händler interessant, da der Endkunde sich nur aus Beständen am Lager versorgen will - eine Wartezeit ist für den Kunden nicht akzeptabel und führt definitiv zum Ausschlagen eines Geschäftes. Für diese Geschäftsbeziehung im BTB -Bereich (Buiseness to Buiseness) greift allerdings wieder o.g. Prinzip, da hier nur selten die Bevorratung im Geschäft aus Direktkäufen stattfindet.

Wie hingegen sich die Supply Chain im Projektbereich von o.g. Kette unterscheidet, wird wie folgt dargestellt:

  1. Bedarfsanforderung des Kunden
  2. Erstellung eines Pflichtenheftes
  3. Auswertung und Analyse der Machbarkeit und Terminplanung (hier kann bereits der Beschaffungsprozess einsetzen)
  4. Angebotserstellung
  5. Auftragserfassung
  6. Planung und Budgetierung des Projektes (Beschaffungsmarktanalyse, Ablaufplanerstellung, Auslastungsanalyse, Kostenermittlung), falls nicht schon in der Angebotsphase erfolgt
  7. Projektierung und Projektsteuerung:
    1. Planung des Produktes (Konstruktionsplan, Programmplan)
    2. Beschaffung der notwendigen Materialien (Bestellung nach Analyse)
    3. Feinplanung und Terminierung (in Abhängigkeit der Verfügbarkeiten von Material und Produktionsresourcen - Netzplantechnik)
    4. Bereitstellung und Zwischenlagerung
  8. Produktion
  9. Endkontrolle und Auslieferung (Bei Inbetriebnahme vor Ort beim Kunden)
  10. Transport und / oder Installation
  11. Vorstellung und Abnahme beim/vom Kunden
  12. Nacharbeiten (Ausbesserungen, Anpassungen, Änderungen auf Kundenwunsch)
  13. Rechnungsstellung

Wie hier zu sehen ist, beginnt der eigentliche Materialfluß in der Endphase des Projektes - Die Hauptresourcen werden hingegen schon im Vorfeld der eigentlichen nach o.g. Beispiel laufenden Supply Chain verbraucht. Auch hier und gerade hier ist eine Kontrolle des Projektes für eigentliche Realisierung extrem wichtig und für alle nachlaufenden Arbeiten und Abteilungen wichtig. Somit ist auch hier entsprechend eine Transparenz wünschenswert, um entsprechend der Fortschritte oder Rückschläge entsprechende Maßnahmen zur Realisierung des angestrebten Zieles innerhalb der Terminspanne zu gewährleisten.

Was erreicht nun Supply Chain Management?
In erster Linie wird die Kette der einzelnen Arbeitsschritte anschaulich und damit transparent. Transparenz hingegen ist erste Voraussetzung für Kontrollierbarkeit. Kontrollierbarkeit ist Voraussetzung für Auswertung, Statistik und Reaktion. Wenn geeignete Reaktionen bereits im Prozess implementiert sind, dann ist letztlich auch Agieren möglich, und damit schließt sich der Kreis: Statt warten und hoffen sehen und handeln.

Umsetzung und Bedeutung in der Praxis

In erster Linie kann eine Supply Chain schon im Kleinen bestehen, ohne dass die Beteiligten tatsächlich dies auch so nennen würden.

Ein modernes Materialwirtschaftssystem wie SAP®, Navision®, JBA®, InFor NT®, um nur einige zu nennen, hat neben dem eigentlichen Modul für die Bestands, Auftrags und Einkaufsverwaltung noch Schnittstellen zur Finanzbuchhaltung mit Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung. Aus diesem Modul heraus finden Mahnwesen, Kontenführung, Controlling und statistische Aufbereitung der Umsätze statt, gelangen Zahlen zur kaufmännischen Führung des Unternehmens an die Geschäftsleitung, können in Zusammenhang zwischen dem MWS/WWS und der FiBu genaue Aussagen über Deckungsbeitrag, Rendite und Gewinnerwartungen getroffen werden. Diese können wiederum Einfluss nehmen auf die Planung des Absatzes (strategisches Salesmanagement), Gestaltung neuer Absatzmöglichkeiten sowie Ausbau vorhandener Märkte (Key Account Management) und auf die Produktionsplanung (PPS) des Unternehmens.

Idealerweise ist das PPS über eine geeignete Schnittstelle mit dem MWS verbunden. Ist dies der Fall, kann strategischer Einkauf schon frühzeitig stattfinden, da "immaginäre" Bedarfszahlen aus der PPS in die Disposition einfließen - im Klartext: Bevor überhaupt die erste Schraube benötigt wird, ist der Beschaffungsmarkt sondiert, Lieferanten ausgewählt, Rahmenverträge geschlossen und Preise mit Lieferzeiten vereinbart.

Dem MWS ist - ebenfalls fast zwingend notwendig - das LWS (Lagerwirtschaftssystem) oder LMS (Lagermanagementsystem) angeschlossen. Zumindest bei automatisierten oder halbautomatischen Lagern ist eine Übergabe der Aufträge und Eingangsbuchungen vom MWS an das LMS und umgekehrt die Quittierung der Auslieferung vom LMS an das MWS ohne manuelle Schnittstelle eine mehr als wünschenswerte Einrichtung.

Da - wie gesagt - moderne Software meist modular aufgebaut ist, und Schnittstellen zwischen diesen Modulen bereits vorhanden oder zu anderen Produkten nachgerüstet werden können, sind Informationen in diesem System schon an sich transparent und in den Auswirkungen und Wechselwirkungen von allen Anwendern ohne große Umwege erkennbar. Die gilt "leider " nur für solche Anwender, die a) das Recht haben und b) die Zeit, andere Module als das im eigenen Tätigkeitsbereich angesiedelte zu bedienen.

Das ist aber wiederum in den meisten Fällen weder gewünscht (Missbrauch und Fehler sollen vermieden werden) noch generell umsetzbar (die Zeit fehl hierzu meist, neben der Notwendigkeit teurer und zeitintensiver Schulungen).

Damit nun dieses Wechseln zwischen den Modulen nicht oder nur in Ausnahmefällen nötig ist, werden Daten aus den verschiedenen Modulen an andere "übergeben", d.h. in der Anwendung werden z.B. bestandsrelevante Daten angezeigt, ohne das der Anwender über seinen eigenen Arbeitsbereich hinaus Änderungen an diesen vornehmen kann. Beispielsweise erhält der Verkäufer bei Eingabe eines Auftrages die Daten: Was ist am Lager, was wird produziert oder disponiert und wann ist dies (voraussichtlich) verfügbar. Kann er nun im Vorfeld diese Daten im System abfragen - sprich ein Abfragemodul (Neudeutsch: Supply Chain Inquiry oder einfacher: Dispositionsinformation) ist integriert - so kann er schnell entscheiden, ob der Auftrag problemlos zu erfüllen ist, oder mit diesem ein Engpass oder gar Unterdeckung entstehen würde. Weiterführend kann er nun über die normale Tätigkeit als Verkäufer dem Einkauf einen entsprechenden Hinweis geben, was a) die Reaktionszeit und b) die Beschaffungszeit verkürzen hilft.

In dem Moment, wo eine solche Information aktiv in eine Handlung umgesetzt wird, beginnt Supply Chain Management. Je automatisierter ein solcher Prozess im Unternehmen abläuft, umso mehr ist von einem ausgereiften SCM zu sprechen. Je ausgereifter ein solches SCM im Unternehmen angesiedelt ist, umso effizienter kann der einzelne Entscheidungsträger seine Arbeit verrichten.

Grenzen des SCM

Solange relativ klare Strukturen vorliegen - d.h. das Unternehmen ist ähnlich modular aufgebaut, wie die Software - und die Umgebungsdaten linear sind - d.h. der Markt ist keinen extremen Schwankungen über die saisonalen hinaus ausgesetzt - ist eine Automatisierung der Kette umsetzbar und mit relativ kleinem Aufwand möglich. Aber verschiedene Faktoren gestalten diesen Prozess als außerordentlich schwierig:

  • Informationsfülle und notwendige Filterung: Je mehr Informationen verarbeitet werden müssen, umso mehr Zeit braucht der Mitarbeiter, im extremen Fall trifft er keine Entscheidungen mehr, da die Filterparameter zu komplex sind, als das er noch verwertbare Informationen bekommt (Information overflow - works overkill)
  • Fehlende Schnittstellen zu einzelnen oder allen externen Dienstleistern: Wenn ein Unternehmen mit anderen Unternehmen zusammenarbeitet, so wird der Kontakt über die Menschen gepflegt - Supply Chain Management hingegen verlangt einen weitgehend automatisierten Datenaustausch zwischen einzelnen Gliedern. Falls das Partneruntenrehmen nicht über die notwendige Technik verfügt, oder aber aus firmenpolitischen Gründen nicht gewillt ist, diese Schnittstelle (DFÜ - E- Commerce, Datenbankanbindungen über perl, PHP oder SQL) bereitzustellen, so entsteht hier eine Engstelle im Informationsfluss. Das Resultat ist entweder Pflege per Hand (Erhöhung des Fehlerquotienten), Ignorieren der Informationen aus Zeitmangel oder letztlich die Trennung vom Partner.
  • Fehlende Akzeptanz der Transparenz: Menschen sind nur selten geneigt, vollständig in allen Phasen ihres Arbeitslebens beobachtet zu werden, selbst am Arbeitsplatz herrscht eine Art Privatsphäre, welche beachtet werden soll. Aus diesem Grund hat eine vollständige Transparenz den bitteren Beigeschmack des gläsernen Menschen, eine Art Big-Brother-Syndrom. Es obliegt also der Geschäftsleitung, bei Einführung eines solchen durch das ganze Unternehmen durchgreifende System, dem einzelnen Arbeitnehmer die Notwendigkeit und die (eigentlich gegebene) Gefahrlosigkeit begreiflich zu machen.
  • Fehlende Flexibilität: Bei einem zu komplexen System ist die Durchlaufzeit auf geänderte Anforderungen und Einflüsse interner oder externer Art oftmals zu groß, um noch nennenswerte Vorteile hieraus zu ziehen. Ausweichende Prozesse und/oder alternative Arbeitsabläufe müssen also nach wie vor möglich sein und von vorneherein implementiert werden!
  • Anfälligkeit für EDV-Pannen: Dies ist zwar überall bei hohem Einsatz der EDV gegeben, steigt aber in dem Maße, wo sich alle angeschlossenen Abteilungen in ihren Arbeitsabläufen durch und mit der EDV angepasst haben. Gerade bei lückenlosen Geschäftabläufen mit Verknüpfung aller EDV-gestützten Prozessabläufen (Materialwirtschaft, Beschaffung, FiBu, PPS, CAD, CAM, CIM) ist es von immanenter Wichtigkeit, geeignete Ersatzsysteme und eine angemessene Datensicherheit zu gewährleisten. Hierzu zählt auch und vor allem eine vernünftige Art der Datensicherung, die regelmäßig und in kurzen Zeitabständen die wichtigen Daten sichert und (bei Eintritt des Worst-Case) wiederherstellen kann.

Ansatz in vorhandenen Strukturen

1. Der normale Produktionsbetrieb im Massengüterbereich

Wir setzen voraus, dass der behandelte Betrieb ein oder mehrere gleichartige Güter produziert, die auf Basis weniger Rohstoffe und Zukaufartikeln auskommt - z.B. Glühlampen

Das Unternehmen besteht aus wenigen Abteilungen: Vertrieb, Einkauf, Glaskörperproduktion, Blechformerei, Produktion für elektrischer Aufbau (Glühwendel) Rohstoff und Halbzeuglager, Versandlager, Entwicklung und Prüffeld, Verwaltung und Geschäftsleitung.

In unserem Beispiel ist dieses Unternehmen "alteingesessen", d.h. die Strukturen sind seit Jahren nicht verändert worden und die Marke ist am Markt etabliert. Die Geschäftsleitung gibt auf Grundlage der Verkaufszahlen und der aktuellen Auftragslage die Produktionsmenge vor, auf deren Basis der Einkauf die notwendigen Mengen an Roh-, Betriebsstoffe und die Halbfertigteile am Markt einkauft.

Im Lager sind von je her die Kapazitäten festgelegt und bislang konnte man auch kurzfristig höheren Bedarf noch irgendwie puffern. Investitionen wurden in der Vergangenheit hauptsächlich in der Produktion vorgenommen, um hier durch Rationalisierung die Kosten zu senken. Der Versand greift auf den Warenbestand aus der Produktion zurück, Entnahme nach dem FIFO-Prinzip wird durch Chargennummern an den einzelnen Lagereinheiten gewährleistet. Bedingt durch die Notwendigkeit, auch höhere Produktionsmengen puffern zu müssen und Vorrat für Großaufträge oder wachsenden Bedarf zu schaffen, ist die Auslegung insgesamt etwas überdimensioniert, heißt: die Gesamtmenge möglicherweise zu lagernder Waren wird eigentlich nie erreicht. Demzufolge ist die Gesamtumschlaghäufigkeit kleiner als sie eigentlich in Wirklichkeit ist, da die freien Pufferlager nicht genutzt werden.

Durch das entsprechend hohe Maß an Raumvorhaltung für Lagerraum ist eine Expansion der Produktion nicht ohne weiteres möglich. Um also größere Mengen zu produzieren, müssten Teile der Produktion verlagert werden - Outsourcing. Ebenso spielen Überlegungen eine Rolle, die Lagerung der Produkte zu verlagern und einem externen Logistikdienstleister anzuvertrauen. Auf den ersten Blick eine sinnvolle Lösung - nur: diese Kosten müssen auch wieder aufgefangen werden.

Hier nun kann SCM folgende Dinge bewirken:

  • Optimierung des internen Warenflusses bewirkt den Abbau der Haldenläger und eine Reduzierung der Pufferzonen.
  • Eine räumliche Trennung der Lagerorte zwische Rohstofflager, Halbzeugen und Fertigprodukten ist keine zwingende Notwendigkeit mehr - das bewirkt eine bessere Auslastung des vorhandenen Lagerraums.
  • Ein Informationsmanagement mit Zulieferern lässt die Option entstehen, Anlieferung zu avisieren und entsprechend zu optimieren.
  • Die Schaffung eines Content-Management-Systems, besser gesagt eine Plattform für den Austausch und die Bündelung der Informationen zwischen Abnehmer und Vertrieb auf der einen, Lieferant und Produktion/Lager auf der anderen Seite lässt die Möglichkeit entstehen, besser auf wechselnde Situationen reagieren zu können.
  • Die Einführung eines solchen Systems mit Kopplung an das vorhandene QM-Systems und eine Ausweitung der QS Stellen zu I-Punkten des internen Materialflusses erhöht die Planungssicherheit und die Effizienz der einzelnen Abteilungen, weil Informationen von jedem Teilnehmer zu jeder Zeit angefordert werden können, ohne dafür weitere Ressourcen in Form von Arbeitszeit eingesetzt werden müssen.
  • Zu guter letzt entfällt die "Suche" nach bestimmten Stoffen oder Produkten, da der Aufenthalt in diesem system dokumentiert ist.

Provokativ gesagt, verwandelt SCM ein Unternehmen in ein gigantisches Lager, in dem jeder Mitarbeiter und jedes Produkt lokalisiert und quantifiziert wird.

Die Umsetzung in unserem Unternehmen kann also wie folgt aussehen:

Rohstoffe und Halbzeuge werden weiterhin zu gleichen oder ähnlichen Konditionen, in kleineren Chargen eingekauft und eingelagert.

Die Verteilung findet damit teilweise bereits beim Eingang statt, so das nur noch Teile der Stoffe eingelagert werden. Somit dient das Rohstofflager nur noch als "Pufferlager" und kann dennoch beliebig erweitert werden.

Die Produkte wandern nicht mehr bis zu Weiterverarbeitung zurück ins Lager, sondern werden über Pufferzonen an die Weiterverarbeitung direkt geliefert. Kommt es zu Engpässen, kann der Warenfluss umdirigiert werden, um so Produktionsausfälle der einen Abteilung nicht auf den Rest des Unternehmens auszuweiten. Hier wird dann also wieder auf das "alte" System zurückgegriffen.

Alternativ hierzu können auch Kombizonen eingerichtet werden, die mit einfachen Handgriffen von der einen Produktion auf die andere Bearbeitung umgeschaltet werden können - das geht selbstverständlich nicht in jedem Verarbeitungsschritt (ein Glasofen kann niemals zur Blechstanze umfunktioniert werden)

Somit werden Rohstoff und Halbzeuglager als Vorlager zusammengefasst, die entsprechenden Kapazitäten dem Ausstoß der Einzelabteilungen angepasst, und somit eine Pufferung in einer Art Fließsystem, d.h. soviel wie nötig für die Weiterverarbeitung produziert, im Produktionsweg eingebaut.

Diese Pufferung kann natürlich nicht beliebig groß sein, umso mehr muss die Vorhersagbarkeit der Menge und Zeiten durch das System gewährleistet sein. Daher müssen weiterhin Kapazitäten im Lagerbereich freigehalten werden, damit das reibungslos funktionieren kann, allerdings weitaus weniger, als im ursprünglichen System.

SCM ist also nicht die "Wunderwaffe" gegen Fehlplanung und außergewöhnliche Umstände, auch nicht das geeignete Mittel, Warenflusswege innerhalb des Unternehmens physisch neu zu planen.

Optimierungsmöglichkeit beseht lediglich in der schnelleren Verbreitung der Informationen und damit der Möglichkeit, aktiv in den Warenfluss einzugreifen und ihn damit letztlich zu optimieren.

Ist diese Kette auch nach außen ausgedehnt, bietet sich eine Fülle von Möglichkeiten an, auf geänderte Rahmenbedingungen entsprechend schneller zu reagieren, idealerweise bereits im Vorfeld erkennbare Engpässe aktiv zu bekämpfen. Diese Erweiterung auf Lieferanten und / oder Kunden setzt einen hohen Maßstab an die EDV-Abteilung und ist nur mit geeigneten Schnittstellen zu realisieren. Auch die Akzeptanz dieser Lösungen wächst mit der Relevanz der zur Verfügung stehenden Daten und ist entscheidend für den Nutzen.

Anbindung und Schnittstellen

Für die Anbindung eterner Systeme gibt es verschiedene Möglichkeiten, allerdings auch bestimmte Voraussetzungen. So ist zwingend notwendig die Schaffung von Dataports, die Daten des ERP-Systems exportieren und importiern können. Die zweite, wichtige Voraussetzung ist die Normierung der Daten zwischen dan anbindungspartnern - sie sollten die "gleiche Sprache" sprechen, was wniger mit der Muttersprache, als mit Zeichensatz, Feldbenennung und Größe, Schlüsselwerten und Formaten zu tuen hat.  Last but not least sind technische Übertragungswege zu schaffen, die die übertragene Datenmenge zeitnah und sicher ins Ziel bringen.

Möglichkeiten:

  • direkte Anbindung über Schnittstellen mit direkter Übertragung von ERP1 zu ERP2 im Echtzeitverfahren
  • direkte Anbindung über Schnittstellen mit direkter Übertragung von ERP1 zu ERP2 imBatchverfahren, also z.B. abends, einmal pro Stunde...(hier als Beispiel Edifact im Kanban-system)
  • indirekte Anbindung über Portale im Internet (gebräuchlichste Methode, da weitesgehend sicher und mißbrauchsfrei) oder Intranet
  • Einbindung ins interne Netz und direkter Zugriff auf die eigene ERP-Software (sicher, wenn die Rechteverwaltung die Beschränkung auf wenigen Masken zulässt)
  • Nutzung eines gemeinsamen ERP Systems - meist nicht zu realisieren und nur im Fall von mehreren zusammengeschlossenen Firmen im Konzern wirklich empfehlenswert.
  • Tracking und Tracing - ein service, den viele KEP-Dienste und Transportunternehmen heute anbieten, ist ebenfalls als eine Möglichkeit zu nennen.

Diese weitreichende Weitergabe von Informationen setzt allerdings auch voraus, dass die angeschlossenen Unternehmen und Kunden in einem partnerschaftlichen Verhältnis stehen, also allen beteiligten auch bewusst ist, dass diese Daten in den meisten Fällen genauso empfindlich zu betrachten sind, wieinterne, firmeneigene Zahlen. Die Gefahr des Missbrauchs ist nicht von der Hand zu weisen. Auch ist diese Vernetzung meist nur branchenbezogen sinnvoll und umsetzbar, da die spezifischen Anforderungen der Informationsaufbereitung immer auch Produkt- und Marktkenntnisse erfordern.

Eine indirkete Möglichkeit bietet die Einrichtung von sog. Onlineshops, deren Nutzung durch Kunden vertraglich festgelegt werden kann und somit - zumindest vertraglich - eien gewissen Schutz vor Missbrauch bietet. Dieses fällt gerne unter den Begriff E-commerce und ist von der reinen Struktur erst mal kein SCM. Allerdings ist die Aufbereitung von Daten und Spiegelung nach außen schon ein erster Schritt in diese Richtung, hier allerdings noch einseitig und wenig interaktiv im Sinne der SCM.

Zusammenfassung

SCM ist kein Schlagwort mehr sondern im modernen Geschäftsleben mittlerweile schon fast überlebenswichtig. Diese Weitergabe uns Auswertung von Informationen funktioniert aber auf Dauer nur in partnerschaftlichen Verhältnissen und schließt somit das agressive Verfahren des Cherrypickings und "Friss oder stirb" Gebahrens mancher Geschäftsverhältnisse aus. Die Langfristigkeit einer solchen Kooperation ist ein wesentliches Merkmal, wenn SCM nach außen in der ganzen Wertschöpfungskette eingebracht wird.

Und genau das ist der ursprüngliche Sinn - Informationen sollen helfen, alle Beteiligten in dei Situation zu bringen, Auftrag, Lieferung und Bestellung wirtschaftlich und ohne Mehrkosten, also gewinnmaximierend, abzuwickeln und den bestmöglichen Servicegrad zu erreichen.