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Materialwirtschaft und Logistik

 

Materialwirtschaft als Teil der logistischen Kette umfasst heutzutage in modernen Betrieben weitaus mehr als nur die rechtzeitige Beschaffung und Bereitstellung von betriebsnotwendigen Materialen und ihre Bevorratung. Vielmehr sind im Sinne der gewinnorientierten Handlungsweise einer Unternehmung noch weitere Punkte zu beachten, um dem Anspruch einer Markt- und gewinnorientierten Unternehmenspolitik gerecht werden zu können. Diese Primärziele werden in der Materialwirtschaft durch die Aufgaben und Ziele:

  • geringe Kapitalbindung, d.h. möglichst geringe Mengen am Lager
  • Qualitätssicherung, d.h. Qualitätskontrolle, -Management und Sicherung
  • Kostensenkung, Reduzierung aller Kosten der Lagerung durch Optimierung und Planung
  • Hoher Servicegrad, d.h. Lieferbereitschaft, Flexibilität und termingerechtes Arbeiten
  • Unterstützung anderer Funktionen, d.h. abteilungsübergreifende Planung, Vorschlagswesen und Planung mit der Produktion und Entwicklung

definiert.

Diese teilweise widersprüchlichen Ziele (Beispiel: kleine Bestände aber jederzeitige Lieferbereitschaft, rechtzeitige Bereitstellung bei langen Liefer- und Beschaffungszeiten) in Einklang zu bringen, ist Aufgabe eines modernen Materialmanagements. Die Funktionen der Materialwirtschaft werden folgerichtig definiert:

  1. Beschaffung
  2. Einkaufen
  3. Bevorraten ( => Disposition und Lagerung)
  4. Bereitstellung (Kommissionierung)
  5. Kontrolle, Steuerung und Planung (Qualitätskontrolle, hohe Dienstleistungsbereitschaft, Fehlerfreiheit)
  6. Entsorgung und Recycling (Abfall vermeiden, Abfall recyclen, Abfall entsorgen - Aufgaben der Abfallwirtschaft)

Aus diesen Funktionen lässt sich die Logistikkette intern und extern ableiten:Als Logistik benennt man das ganzheitliche Fließ-System des Material und Dienstleistungsfluss innerhalb und außerhalb eines Unternehmens, welches die Kette des Materialfluss vom Hersteller der Roh und Hilfsstoffe, über ihren Transport, die Einlagerung, Bearbeitung und Verteilung im Lager, die Verarbeitung in der Produktion, bis zum Absatz an den Kunden über Verpackung und Versand und den Transport dorthin kontrolliert und plant.

Um die Aufgaben dieser internen logistischen Kette, die Materialwirtschaft, erfüllen zu können, müssen die einzelnen Funktionsträger innerhalb der Materialwirtschaft direkte Handlungsbefugniss und ein festes Arbeitsgebiet abdecken, ohne jedoch den Informationsfluss und die flexible Zusammenarbeit untereinander zu vergessen.

Als wichtigste Funktionsträger eines Unternehmen in diesem Zusammenhang seien genannt:

  • Beschaffungswesen
  • Lager
  • Qualitätskontrolle
  • Produktion
  • Absatz

Da die Logistik im Transportbereich mittlerweile so gut ausgebaut und optimiert ist, dass Lieferungen innerhalb kürzester Zeit vor Ort sind, wird in vielen Betrieben zumindest unter der Prämisse der geringen Kapitalbindung dazu übergegangen, Ware in kleinen Mengen und sehr kurzfristig einzuplanen und zu beschaffen - Die immer kürzer werdende Zeitspanne zwischen Bestellung, Versand, Transport und Ankunft beim Besteller findet sich im J.I.T. Konzept (Just in Time) als Logistikansatz wieder, wobei die KEP-Dienste hier einen großen Anteil an den Transporten übernehmen. Dieses Verfahren kann aber nur dann funktionieren, wenn alle intern an der Materialwirtschaft beteiligten Abteilungen in gleicher Weise logistisch funktionieren und optimal arbeiten - denn was nutzt die schnelle Lieferung einer Ware zum Empfänger, wenn dort im Wareneingang die Ware erst Tage später behandelt wird, die Qualitätssicherung die Freigabe nicht erteilt, der Eingang erst am nächsten Tag gebucht wird, während die Teile bereits in der Produktion waren und das Produkt schon abholbereit an der Rampe steht, ein Mangel nicht oder nur spät festgestellt wird und die Produktion erst nach Liefertermin die Waren ausgehändigt bekommt?

Der Aufgabenbereich des Lagers ist also nicht mehr allein die Aufbewahrung von Waren und ihre Verwaltung, sondern als Hauptumschlagplatz für den innerbetrieblichen Materialfluss muss jede mit der Logistik anfallende Tätigkeit innerhalb und abteilungsübergreifend optimiert werden. Die dafür notwendigen Investitionen in die Informationsinfrastruktur sollten im wirtschaftlichen Interesse eines jeden marktorientierten Unternehmens stehen. Das Beharren auf feste und althergebrachte Strukturen kann nur in seltenen Fällen noch funktionieren, der Lagermeister muss vielmehr flexibel und innovativ neue und andere Wege zu Problemlösungen beschreiten können, in Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeitern eine Verantwortung und Eigenkontrolle bei jedem implementieren, regelnd und kontrollierend in die Arbeitsabläufe eingreifen, um letztlich die Optimierung erreichen zu können.

Beschaffung

Die Beschaffung des notwendigen Materials ist ein wichtiges erstes Glied in der Marktplanung eines Unternehmens. Die Notwendigkeit des Heranschaffen aller notwendigen Produktionsmittel, der Rohmaterialien für die Produktion und auch aller Verwaltungs- und Büromaterialien unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten setzt die ständige Präsenz dieser Abteilung am Markt mit allen notwendigen Information voraus.

Diese Beschaffungslogistik erfordert eine gute Informationsinfrastruktur, da das Einholen von Informationen die wichtigste Voraussetzung für eine gute Beschaffungspolitik ist.

Der Vorgang der Beschaffung wird auf verschiedene Art ausgelöst - allen gemein ist eine Anforderung eines Materials zur Erfüllung betriebsnotwendiger Aufgaben.

  • Einzelbeschaffung (Einmalartikel, Auftragsbezogene Artikel, Bestellung auf Zuruf)
  • Vorratsbeschaffung (Bestandsführung und Unterschreitung eines festgelegten Mindestbestand, Disposition und Vorratsplanung, Preisoptimierung)
  • fertigungssynchrone (J.I.T.) Beschaffung

Die Beschaffung umfasst also die Funktionen Planung, Disponieren, Steuern und Kontrollieren des Materialflusses, die Beschaffung und Bevorratung des notwendigen Materials, die Festlegung des quantitativen und qualitativen Materialbedarfs und die Eindeckung an den Märkten.

Hierbei gibt es wiederum verschiede Arten der Beschaffung:

  • direkte Beschaffung, der Weg vom Hersteller direkt zum vorläufigen Endverbraucher ohne Umwege über Groß- und Zwischenhandel
  • indirekte Beschaffung, der Weg über feste Zwischenlieferanten und Großhandel ohne direkten Kontakt zum Hersteller des Bedarfsgutes

Als Objekte der Materialwirtschaft gelten:

  • Rohstoffe
  • Hilfsstoffe
  • Betriebsstoffe
  • Zulieferteile
  • Handelswaren
  • Dienstleistungen
  • Investitionsgüter
  • Energie
  • Information

Die Beschaffung als Vorgang ist abgeschlossen, wenn die angeforderten Güter an der Bedarfsstelle bereit stehen.

Einkauf

Der Einkauf macht die vom Unternehmen benötigten Materialien verfügbar. Dazu schließt er den Beschaffungsplanungsvorgang mit einer Bestellung unter wirtschaftlichen Aspekten ab. Er ist die Schnittstelle zwischen Unternehmen und Beschaffungsmarkt.

Einkaufstätigkeiten können zentral und dezentral erledigt werden, d.h. bei einer klaren Festlegung der Kompetenz kann eine Order direkt aus der Bedarfsstelle heraus erfolgen. Die Kontrollierbarkeit dabei ist natürlich schwieriger.

Bevorratung

Die Bevorratung und Bereitstellung ist ein großer Teil des Aufgabengebietes im Lager. Sie ist die logistische Aufgabe einer wirtschaftlichen und optimalen Liefer- und Produktionsbereitschaft des Unternehmens und umfasst die Disposition als Ermittlung und Planung des Materialbedarfes nach Menge, Qualität und Termin, und die Lagerung zur Überbrückung der Zeitspanne zwischen Entstehen eines Bedarfes und Deckung des Bedarfes an der Bedarfsstelle

Lager

Das Lager bildet die Schnittstelle zwischen interner und externer Logistik. Alle mit der Bedarfsermittlung und Bedarfsdeckung entstehenden Aufgaben zwischen dem Eingang der Ware und ihrer Bereitstellung am Bedarfsort sind hier zu erfüllen. Die Bestandsführung und Kontrolle, die Lieferung der relevanten Bewegungszahlen und die Auslösung von Bedarfsmeldungen aus stetig am Lager befindlichen Artikeln gehören hierzu. Die Begriffe des Lagerns und Kommissionierens, der einzelnen Methoden zur Bestands und Bedarfsermittlung und die anfallenden Tätigkeiten bei der Annahme, der Einlagerung und Verteilung und des Versands werden hier später noch ausführlich erklärt werden.

Produktion und Absatz

Produktion eines Wirtschaftsgutes, i.e. Gebrauchsgüter, Investitionsgüter, Veredlung von Halbzeugen, Rohstoffe, sind für Hersteller oberstes Unternehmensziel. Alle vorgehenden Abschnitte der Kette dienen nur diesem Zweck, die Produktion termingerecht und wirtschaftlich zu gestalten.

Direkte Abhängigkeit allerdings herrscht immer zum Absatz, welcher wiederum das Unternehmensziel, nämlich Gewinne zu erwirtschaften, mit dem Absatzmarkt umsetzen muss. Bei Gebrauchsgütern ist der Absatz nicht entscheidend an der Vorplanung beteiligt, jedoch müssen hier die Vorgaben der Unternehmensleitung in einen Forecast einfließen, der wiederum zur Planung der Beschaffung und Produktion führt. Bei Investitionsgütern hingegen ist der Absatz mit der Konstruktion so eng an den Kunden gebunden, dass eine genaue Planung von Beshaffung und Produktion meist erst nach Auftragseingang stattfinden kann. Das gleiche gilt für die Veredlung von Halbzeugen, die einerseits Gebrauchsgüter, andererseits auch Investitionsgüter sein können. Rohstoffe hingegen werden meist per se auf Halde "produziert", so dass hier allein der nachgeschaltete Beschaffungsmarkt die Zielvorgaben für den Absatz generiert, was zu einer starken Abhängigkeit der gesamten Wirtschaftslage führt.

Unternehmen, welche als reine Handelsunternehmen ohne Produktion auskommen, finden ihren Platz überall in dieser Kette: Sie können jede Art von Wirtschaftsgütern einkaufen, um sie mit Gewinn zu veräußern. Hierzu dient das Lager dann als Puffer und hauptsächlich als Dienstleistungsabteilung mit produktionsähnlichem Faktor, da Umsätze unmittelbar durch die Arbeit des Lagers produziert werden. Hierbei hat dann das Lager einen sehr weitreichenden Einfluss auf das Betriebsergebnis, da "Fehlmengen" oder "falsche Ware" als Faktor in Reklamationen und Minderung des Ergebnisses münden.


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